Kolumne
Oropharyngeale Dysphagie

Oropharyngeale Dysphagie

Oropharyngeale Dysphagie: Während der Therapie mit CP-Kindern habe ich manchmal alle Hände voll zu tun: Hier das Kind mit einem neuen Anreiz herausfordern, dort den Fuss-Boden- Kontakt oder die Beckenstellunganbahnen und schlussendlich zwischendurch noch den Speichel abtupfen. Das Themader Mundmotorik wird von den Eltern auch immer wieder angesprochen. Sie sehen dieses übermässige Speicheln (sei es eine Überproduktion oder eine zu niedrige Schluckfrequenz) primär nicht im Zusammenhang mit der motorischen Beeinträchtigung sondern vielmehr als Begleiterscheinung des Zahnens oder als Normalität bei kleinen Kindern an.

In einem interdisziplinären Vortrag/Workshop während desdiesjährigen Symposiums am Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche in Affoltern am Albis erfuhr ich aktuelles Wissen über den Zusammenhang von oropharyngealer Dysphagie (OPD) und grobmotorischer Fähigkeit bei Kindern mit CP.

OPD kann zu inadäquater Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme und zu verminderter Sicherheit beim Essen führen (1). Daraus folgen können lange Essenszeiten, schlechtes Wachstum, ein schlechter Ernährungszustand und respiratorische Folgen bis hin zur erhöhten Mortalität (1,2). Beobachtet werden das Essen, das Trinken und der Speichelfluss (1). Der Zusammenhang zu den grobmotorischen Fähigkeiten ist naheliegend, man denke da an den Einfluss der Haltungskontrolle auf die Funktion der Kau- und Schluckmuskulatur. Evidenz hierfür gibt es schon für Schulkinder mit schwerer CP (GMFCS Level V und IV).In einer Studie von Benfer et al. wird die Subpopulation von CP Kindern (N 120)in Queensland Australien im Alter von 18-36 Monaten (korrigiertes Alter)untersucht, auch jene mit der leichteren Form von CP (GMFCS Level II und I).Die Studie zielte auf das Aufzeigen des oben erwähnten Zusammenhangs auch bei tiefem GMFCS Level und auf die Wichtigkeit des frühen Screenings, um das Risiko des schlechten Gedeihens und respiratorischer Komplikationen zu erkennen. Die Prävalenz für OPD betrug 85%. Es gab einen signifikanten Anstieg der Wahrscheinlichkeit, an OPD zu leiden, bei schwerer CP (Level V und IV). Waren alle 4 Extremitäten betroffen, wurde bei allen Kindern auch OPD festgestellt. Kinder mit Diplegie und Dysphagie schnitten signifikant schlechter in denGMFM-66 Scores ab als Kinder ohne Dysphagie. Die eindeutigsten Ergebnisse ergaben sich im Alters Stratum von 30- 36 Monaten. Wenn die Kinder jünger waren, zeigten sich weniger eindeutige Ergebnisse. Dies erklärten sich die ForscherInnen mit der grobmotorischen Reifung im Alter von 18-24 Monaten (1).

Auch eine weitere Studie von Kim et al aus Südkorea mit 33CP Kindern zeigte den Zusammenhang von Dysphagie und grobmotorischer Fähigkeit auf. In dieser Studie wurden die Schwierigkeiten mit einer genauen bildgebenden Untersuchung (videofluoroscopische Schluckstudie) dargestellt. Die ForscherInnen konnten dabei feststellen, dass nebst den Fütter- und Schluckschwierigkeiten ganz häufig offensichtlich (overt) und geräuschlos(silent) aspiriert wird. 50% der schweren CP Kinder (Level V und IV)aspirierten während dieser Studie beim Schlucken, dem gegenüber aspirierten nur14 % der moderaten und keines der leichten CP Kinder (2).

Beide Studien propagieren eine frühe Untersuchung deroropharyngelaen Dysphagie, um Fütterungsprobleme besser managen zu können und präventiv auf die Aspiration und Folgen von Infekten einwirken zu können (1,2).Dies fordert einmal mehr eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit unter LogopädInnen und PhysiotherapeutInnen.

Quellenangaben

  1. Benfer, K.,Weir, K., Bell, K., Ware, R., Davies, P., Boyd, R., Oropharyngeal Dysphagia andGross Motor Skills in Children With Cerebral Palsy. Pediatrics, Volume 131(5).(2013)
  2. Kim, J.-S.,Han, Z.-A., Song, D.H., Oh, H.-M., Chung, M.E., Characteristics of Dysphagia inChildren with Cerebral Palsy, Related to Gross Motor Function. American Journalof Physical Medicine & Rehabilitation, Vol.92(10). (2013)
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