Kolumne
«S» oder «SCH» Zusammenhänge zwischen Sprechen und Bewegen

«S» oder «SCH» Zusammenhänge zwischen Sprechen und Bewegen

Im Mittelpunkt meiner dritten Kolumne steht die Kommunikation und speziell die Sprechfähigkeit von Kindern mit einer Zerebralparese. Dieses Thema hat mich in dem letzten halben Jahr persönlich beschäftigt. Unsere jüngere Tochter ging in die Logopädie um den „R“ zu erlernen und die Konsonanten „S“ und „SCH“ im Gebrauch klar auszusprechen. Es war für mich sehr spannend, als Mutter und Therapeutin, bei den Therapien dabei zu sein. Einerseits meine Tochter in dieser Situation zu begleiten, in der es darum ging etwas zu lernen, was ihr Mühe bereitete und anderseits die Zusammenhänge zwischen dem Hören, der Wahrnehmung und der Mund-Motorik so klar zu erkennen. In der Literatur ist der Zusammenhang zwischen den motorischen Fähigkeiten und der Kommunikationsfähigkeit bei Kindern mit einer Zerebralparese in drei Artikeln beschrieben.1–3 Die Studien zeigten eine positive Korrelation zwischen Motorik und Sprechfähigkeit. Das bedeutet, dass Kinder mit stärkeren Einschränkungen der grobmotorischen Fähigkeiten in der Regel auch grössere Einschränkungen beim Sprechen aufwiesen. Eine Studie aus dem Jahre 2014 suchte nach prognostischen Faktoren für die Kommunikationsfähigkeit von Kindern mit Zerebralparese bei Schuleintritt.4 Sie fanden heraus, dass bereits ein Zusammenhang zwischen den frühen motorischen Fähigkeiten mit 18-24 Monaten und der Kommunikationsfähigkeit bei Schuleintritt bestand. Wenn nun die Kommunikationsfähigkeiten bereits vor dem Schuleintritt mit spezifischen Interventionen unterstützt würden, so hofften die Autoren, würde dies der Schuleintritt für die Kinder erleichtern.

Wie wichtig diese frühen Interventionen sind, zeigte mir eine Mutter eines Kindes, welches zu uns in die Therapie kam, auf. Ihre Tochter hatte mit fünf Jahren die ersten Worte gesprochen. Vorher hatte sie mit Zeigen und Gestik kommuniziert. Sie hatten das Glück, schon früh Geräte zur unterstützenden Kommunikation zur Verfügung zu haben und konnten gar bei der Entwicklung solcher Geräte mithelfen. Somit hatte ihre Tochter, auch mit einem kleinen Wortschatz in Lautsprache, die Möglichkeit sich auszudrücken und gezielt zu kommunizieren. Heute, mit 10 Jahren, spricht das Mädchen kurze und deutliche Sätze und sie nimmt weiterhin immer neue Wörter in ihre Sprache auf. Spannend waren für uns auch die Beobachtungen der Mutter, dass sich während den Wochen der intensiven Therapien die Aussprache der Tochter verbesserte und der Speichelfluss verminderte. Studien zu dem Einfluss von Therapien, welche auf die Grobmotorik, Rumpf und Kopfkontrolle fokussiert sind, auf die Sprechfähigkeit und Kontrolle des Speichels sind mir nicht bekannt. Jedoch weiss ich von ähnlichen Beobachtungen von Eltern und Kolleginnen und Kollegen aus dem therapeutischen Alltag. Zu guter Letzt hat meine Tochter nun den „R“ in schön gerollter Art, wie es bei uns in der Zentralschweiz üblich ist, gelernt. Beim „S“ und „SCH“ müssen wir noch etwas dran arbeiten. Jedoch bin ich zuversichtlich, dass sie bereit ist für den Schulstart nach den Sommerferien.

Quellenangaben

  1. Coleman, A., Weir, K.A., Ware, R. S. & Boyd, R.N. Relationship Between Communication Skills and Gross Motor Function in Preschool-Aged Children With Cerebral Palsy. YAPMR 94, 2210- 2217 (2013).
  2. Parkes, J., Hill, N. A. N., Jane, M. & Caroline, P. Oromotor dysfunction and communication impairments in children with cerebral palsy: a register study. 1113-1119 (2010)
  3. Sigurdardottir, S. & Vik, T. Speech, expressive language, and verbal cognition of preschool children with cerebral palsy in Iceland. (2010).
  4. Coleman, A., Weir, K., Ware, R. S. & Boyd, R. Predicting functional communication ability in children with cerebral palsy at school entry. 1-7 (2014)
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