Hattest du auch schon die Möglichkeit, in eine virtuelle Welt einzutauchen? In der Kinder Reha erarbeiten Corinne Ammann und ihr Team virtuelle Welten für Kinder mit motorischen Einschränkungen. Die Kinder können diese phantastischen Landschaften mit einer Virtual Reality (VR) Brille entdecken. Wenn du einen Einblick hierzu haben möchtest, klicke diesen LINK.
Der Einsatz von VR-Brillen wird auch als immersiv beschrieben. Dies im Gegensatz zur nicht-immersiven VR, welche zum Beispiel das Betrachten von eigenen Bewegungen auf einem Bildschirm beinhaltet. Hierzu gibt bereits einige Studien, welche die Realisierbarkeit und den Benefit von virtuellen Welten in der Therapie untersuchen.1,2 Für den Einsatz der immersiven VR gibt es ebenfalls erste Machbarkeitsstudien.3,4 Hierzu findest du die neusten Informationen auf der Webseite der Kinder-Reha Schweiz. Der Einsatz der VR-Brille in der Therapie eröffnet für die Zukunft ganz neue Ansätze und Möglichkeiten. Daher konzentriert sich diese Kolumne auf die Bewegungsvorstellung von Kindern mit Cerebralparese und diskutiert die Rolle, welche das virtuelle Training spielen könnte.
Was bedeutet Bewegungsvorstellung oder Motor Imagery (MI)?
MI beinhaltet die Fähigkeit, Bewegungsabläufe intern zu repräsentieren, also sich diese vorstellen zu können.5 Diese Fähigkeit ist unter anderem wichtig um Bewegungen zu planen, vorherzusehen und auszuführen. Bei Kindern mit einer Cerebralparese können neben der Somatomotorik auch die kognitiven Prozesse (u.a. MI), welche einer Handlung vorangehen, die Bewegung und Handlung einschränken.6
MI kann in einem rein imaginären Kontext oder mit Bezug auf die unmittelbare Umgebung erzeugt werden. Sie dient somit sowohl der motorischen Planung als auch den Anpassungen, welche vor der eigentlichen Handlung stattfinden. Aus neuroinformatischer Sicht wird angenommen, dass MI eine Funktion der internen Modellierung der Handlung ist.7,8
Es werden der implizite und der explizite Gebrauch der MI-Fähigkeit unterschieden. Der implizite Gebrauch von MI kann mittels visueller Aufgaben zur Beurteilung der Handlateralität untersucht werden.9 Es werden Fotos von Händen auf einem Bildschirm gezeigt und die Testperson muss möglichst schnell erkennen, ob eine rechte oder linke Hand abgebildet ist. Für diese Fähigkeit wird die Bewegungsvorstellung nicht vorausgesetzt.
Der explizite Gebrauch von MI wird mittels Fragebogen erfasst, indem explizit Bewegungsvorstellung und Bewegungsabläufe abgefragt werden.9 Die Testperson wird aufgefordert, sich eine bestimmte Greifbewegung vorzustellen (z.B. das Aufheben eines Tennisballes) und danach mittels eines Fragebogens über die spezifische Position der einzelnen Gelenke Auskunft zu geben. Sie beinhaltet das Beobachten und Vorstellen von Bewegungen und Haltungen, die zunehmend komplexer und kontextabhängig variabel sind.
Es zeigte sich, dass Kinder mit unilateraler Cerebralparese (5-9 Jahre alt) mehr Schwierigkeiten bei der impliziten als bei der expliziten MI-Testung hatten.5 Trotzdem empfehlen die Autoren, explizite Formen von MI in die Therapie mit einzubeziehen, da diese den Kindern leichter fällt und sie somit ihre Motorik besser trainieren können.
Explizite MI-Fähigkeit kann mittels Beobachtung von Bewegungen über einen Spiegel, einer anderen Person oder mittels Erfahrungen in virtuellen Welten geübt werden.10 Studien zum Training von MI mittels virtuellen Welten oder gar mittels einer VR-Brille in der Gruppe von Kindern mit Bewegungseinschränkungen gibt es bisher nicht. Erste Untersuchungen gibt es aber mit Erwachsenen nach Schlaganfall.11 Hier konnte gezeigt werden, dass die cortico-motorische Erregbarkeit bei einem MI-Training mittels einer virtuellen Welt grösser war als mit einer realen Körperbeobachtung.
Das Neuroortopaedic Institute (NOI) in Australien beschreibt das Graded Motor Imagery (GMI) Training in drei Stufen: 1) implizites MI-Training, 2) explizites MI-Training, 3) Spiegeltherapie. Ihr Programm ist vor allem auf Personen mit Schmerzen ausgerichtet.
Die eigene Erfahrung, sich mittels einer VR-Brille in einer virtuellen Welt zu bewegen, hat mir gezeigt wie eindrücklich dies sein kann, wie eigene Bewegungen sich ändern können und wie schnell wir uns in diese Welt hinein adaptieren. Dies ist bei Kindern ebenfalls der Fall. Ich könnte mir gut vorstellen, dass in der Zukunft nach Punkt 3) ein Punkt 4) folgt: MI in virtuellen Welten.
Quellenangaben