Petra Marsico
Physiotherapeutin & Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Kinder-Reha Schweiz
Studienleiterin SAKENT I ASEND
„Therapie online“ - Ausserordentliche Situationen erfordern ein ausserordentliches Handeln. Aufgrund der aktuellen Einschränkungen durch die Corona Pandemie sind wir als Therapeut*innen gefordert. Da unklar ist, wann wir das ganze Spektrum unserer Therapien wieder regulär aufnehmen können ist flexibles Denken gefordert. Vielleicht eignet sich bei einigen unserer Therapiekinder eine Telebehandlung, dies kann eine Zusammenstellung von einigen Übungen sein oder ein Aktivitätenprogramm für den Alltag als Unterstützung für die Eltern. Denn gerade in der kindlichen Entwicklung gibt es Fenster, die wir nicht verpassen möchten. So gilt es Einschränkungen der Mobilität zu verhindern, denn diese lassen sich nicht einfach wieder beheben. Deshalb befasst sich diese Kolumne mit den Möglichkeiten, Chancen und Grenzen der Online-Therapie. Zuerst habe ich mich auf die Suche nach bereits vorhandenen Möglichkeiten gemacht. Welche Tools sind auf dem Markt erhältlich und gibt es bereits Evidenz für die Wirksamkeit der Online-Therapie? Gerne möchte ich auch einige Erfahrungen welche ich in den letzten Wochen gesammelt habe teilen und euch eine knifflige Übung weitergeben.
Die einfachste Möglichkeit ist es die Eltern und Kinder per Telefon zu kontaktieren und nach ihren Bedürfnissen zu fragen. Je nach Bedarf können kurze Videosequenzen aufgenommen und per Link über HIN-transfer, Swisstransfer oder Switchdrive versandt werden. Wichtig ist, dass für den Datentransfer ein Anbieter genutzt wird, welcher die Daten auf Schweizer Servern speichert. Die Möglichkeit für eine Therapie per Videokonferenz muss sorgfältig geprüft werden. Hier gilt es die technischen Voraussetzungen, die Sicherheit und den Datenschutz abzuklären. Vom Schweizer Physiotherapie Verband PhysioSwiss habe ich erfahren, dass die HIN AG aktuell eine solche Software HINtalk für alle HIN Teilnehmer anbietet.
Aufgrund der grossen Distanzen gibt es in Australien bereits mehr Erfahrung mit telemedizinischen Diensten und einige Studien dazu. In einer wurde die Effektivität von logopädischen und ergotherapeutischen Interventionen (12 Therapien über Videokonferenz) zur Verbesserung der Kommunikation, Partizipation und des Lernens, untersucht. Alle 89 Kinder konnten sich in diesen Aspekten verbessern.1 Jedoch gab es in dieser Studie keine Kontrollgruppe. In einer Pilotstudie verbesserten sich drei erwachsene Personen mit chronischem Zustand nach Hirnschlag, in ihren exekutiven Funktionen, nachdem sie 22 beratende Ergotherapie-Sequenzen über Videokonferenz erhalten hatten.2 Besonders für beratende Therapien und Coaching zur Verbesserung des Selbstmanagements scheinen Online-Behandlungen effektiv zu sein.3–5
Meine Erfahrung in den letzten Wochen hat gezeigt, dass es nicht einfach ist ein geeignetes Tool zu finden. Deshalb hatte ich in erster Linie telefonischen Kontakt um die Bedürfnisse der Familien abzuklären. Den Kindern welche eine gute Eigenaktivität haben, sendete ich kurze Videosequenzen mit direkter Erklärung der Übung. Dabei habe ich jeweils die Bewegungserfahrungen der letzten Therapien weitergeführt. Diese konnte ich den Familien über Swisstransfer einfach zukommen lassen. Eine Therapie über Videokonferenz habe ich bisher noch nicht durchführen können, doch mit HINtalk habe ich nun ein Tool gefunden, welches dies erlauben würde und mit dem der Datenaustausch sicher ist. Leider ist die Übertragung bisher nur mittels Laptops möglich und nicht auf mobilen Geräten. Was natürlich für eine Beratung gerade in Bezug auf das Handling und die Lagerung mit kleinen Kindern eine bessere Lösung wäre. Sicher wird hier eine Weiterentwicklung stattfinden.
Klar ist, dass wir diese zusätzliche Dienstleistung nur anbieten können, wenn diese vergütet werden. In der Hinsicht, dass viele Praxen bereits ausgelastet sind und einige Kinder lange auf einen Therapieplatz warten müssen, wäre dies eine Option und zwar auch für die Zukunft ohne Pandemie. Für unserer Beweglichkeit und Flexibilität hier eine Übung für euch!
Quellenangaben